Grundlagen
Jeder lebende Organismus ist ein 'dissipatives System' (Prigogine). Man versteht darunter eine Zeitgestalt (Ordnung mit einem Anfang und einem Ende), die unter Energieverbrauch eine lokale Insel gegen den allgemeinen Zerfall (Entropie) aufrecht erhält. Das kann der lebende Organismus nur mir Hilfe eines komplexen Schwingungsgefüges. Viele verschiedene Rhythmen mit sehr weit gestreuten Frequenzen müssen dabei so gut aufeinander abgestimmt sein, dass ein kohärentes Ganzes in einem Fließgleichgewicht gehalten werden kann. Altern (und Krankheit) sind explizite Formen von Inkohärenzzuständen innerhalb dieser impliziten Ordnung des Lebens.
Relativ zu dem jeweils im Zusammenhang des ganzen Organismus lokal angemessenen Rhythmus zu langsame Frequenzen führen dabei zu Einschränkungen der Variabilität. Diese verringerte Variabilität äußert sich als Rhythmusstarre und bei längerem Bestehen in einer Verfestigung des Gewebes, für die man allgemein den erweiterten Begriff der Sklerose heranziehen kann.
Rhythmen hingegen, die in Bezug auf ihren lokalen Zusammenhang zu schnelle Frequenzen aufweisen, vermehren die Variabilität. Dies führt zu einer Chaotisierung der Rhythmusstruktur. Morphologisch folgen dieser Chaotisierung Gewebeauflösung und -umbau, wofür ein erweiterter Begriff der Entzündung verwendet werden kann.
Viele Erkrankungen stellen auf der Ebene der Symptome eigentlich vergebliche Heilungsversuche des Organismus dar. Das Kammernflimmern des akuten Herzinfarktes stellt eine Extremform einer chaotischen Variabilitätssteigerung ('Entzündung') dar. In der Tat finden wir auch viele morphologische und biochemische Veränderungen, für die auch der engere Begriff der Entzündung anwendbar ist. Tatsächlich geht dem Herzinfarkt eine zunehmende Starre der Herzrhythmik voraus ('Sklerose'), für die wir dann ebenfalls morphologisch und biochemisch Veränderungen finden, die dem engeren Sklerosebegriff genügen.
Die letzten 200 Jahre der Medizin haben immer mehr zu einer sehr diferenzierten und technisch herausrragenden Weise der Behandlung der Symptome von Krankheiten geführt. Das stellt für die Akutmedizin ein oft auch sehr angemessenes Vorgehen dar. Bei chronischen Krankheitszuständen erweist es sich hingegen nicht selten als kontraproduktiv, werden doch mit der Behandlung der Symptome die zugrunde liegenden, polaren Krankheitsursachen ebenfalls verstärkt.
Wie kann Anafonesis in diesem Zusammenhang wirken?
Anafonesis ist an die Schallleitung im menschlichen Gewebe gebunden. Dieses ist vor allem eine differenzierte Wasserphase. Wasser hat eine hervorragende Schallleitfähigkeit. Die Ausbreitung von Schallwellen erfolgt in diesen Medien um ein mehrfaches schneller als in Luft. Wasser liegt im Organismus in drei Kompartimenten vor: als Blutplasma, Interstitial- und Intrazellulärwasser. Blutplasma, Zell-assoziiertes und Matrix-assoziiertes (interstitielles) Wasser hat eine gegenüber freiem Wasser noch einmal gesteigerte Schallleitgeschwindigkeit. Das Wasserkompartiment selbst ist wiederum sehr fein in Phasenzustände differenziert. In der Matrix (früher 'Bindegewebe') unterscheidet man zwischen kolloidgebundenem und ionisiertem Wasser, intrazellulär zwischen normalem Wasser ('bulk water'), Hydratationswasser (das die Makromoleküle umgibt) und Grenzflächenwasser ('vizinales' Wasser). Praktisch alle biochemischen Prozesse (emzymatische Reaktionen) finden in der vizinalen Wasserphase statt.
"Zerfallen Strukturen (beispielsweise Zellskelett, Polymere, Enzyme), bildet sich mehr freies Wasser; bauen sich dagegen Struktren auf, so steigt der Anteil an vizinalem Wasser. Solche Phasenübergänge sind rhythmischen Abläufen unterworfen." (Bischof) Wie bedeutsam diese Veränderungen sein können läßt sich leicht an der Diagnostik von Krebs mit Hilfe der Kernspinresonanz (NMR) zeigen: Tumorgewebe weist in der Regel einen deutlich höheren Anteil freien Wasser auf, was auf die Zerstörung regelrechter Zellstrukturen zurückzuführen ist. Ausserdem ist der Ordnungszustand des Zellwassers selbst im Tumorgewebe so verändert, dass die angeregten Kernspinzustände verzögert an die Umgebung weitergegeben werden (sogenannte verlängerte 'Relaxationszeit').
In diesem Rhythmus- und Ordnungsgefüge des im lebenden Organismus spezifischen Wassers entwickelt Anafonesis über Resonanzwirkung ihren prophylaktischen und therapeutischen Effekt. Darüber hinaus sind die Veränderungen im vegetativen Nervensystem und der Focus-shift der Wahrnehmung von großer Bedeutung.
Durch Anafonesis werden also fünf wesentliche Voraussetzungen für Salutogenese (Gesundwerdung und -erhaltung) geschaffen:
- Die Fokussierung des Bewusstseins auf somatische Bewegungsgesten und innerleibliche 'Räume' schafft einen unmittelbaren, innerhalb weniger Minuten wirksam werdenden Ausgleich des vegetativen Systems
- Hervorbringen und Wahrnehmen in einem Akt stellt das (jedem künstlerischen Schaffensakt zugrunde liegende) heilsame Empfinden einer 'Brücke zum Wesentlichen' her
- Der sich stabilisierende Eigenton stellt die Basisfrequenz dar, an der die übrigen Körperrhythmen als Partialfrequenzen dieses Tons oder in Oktavverhältnissen dazu in Resonanz gehen können
- Mit zunehmender Übung wird durch Anafonesis der Klang der Stimme 'reicher' (d.i. von größerer Variabilität mit einem zunehmenden Reichtum an Obertonstrukturen) und dennoch 'kohärenter' (d.i. von größerer innerer Ordnung)
- Das sehr leise 'Tönen' bei Anafonesis schärft nach der Arndt-Weber'schen Regel die Differenzierung des Hörbereiches, von der durch die zentrale Bedeutung des Innenohrs ein unmittelbares Erlebnis der 'Erfrischung' und 'Energetisierung' ausgeht.
Anafonesis geht also nicht von bestimmten Lauten oder Lautkombinationen aus, von denen mehr oder minder schematische Wirkungen behauptet werden. Vielmehr kommt es einer Haltung der 'Forschung' nahe, bei der durch Führung des inneren Atem- und Klangstroms Wahrnehmung und Tonänderung in einem unmittelbaren Feedbackverhältnis stehen. 'Berührt' der Ton hypertone oder hypotone Körperbereiche, verändert sich unmittelbar der Klang der Stimme. Wird dies differenziert wahrgenommen, wird die zunehmende Inkohärenz des Ton bewusst wahrgenommen. Winzige Veränderung in den tonbildenden Organen schwingen den Klang wieder ein in Richtung einer zunehmenden Kohärenz. Genau diese 'Korrektur' stellt den 'Heilbedarf' des zuvor mit dem Klang erreichten Organismusfeldes dar. In Analogie zu einer Darstellung von David Bohm ('Die implizite Ordnung') können wir davon sprechen, dass der so geführte Klang als 'Führungsfeld' wie ein Strombett den Weg vorspurt, auf dem die notwendigen biochemischen Veränderungen zur Heilung dann stattfinden.
Der Organismus als komplexer Resonanzkörper
Seit den Arbeiten von Rohracher (1944) und Inanaga aus dem Jahr 1969 wissen wir, dass der menschliche Organismus fein differenzierte Felder ganz unterschiedlicher Resonanzfrequenzen aufweist. Diese unterscheiden sich nicht nur nach der Lokalisation, sie sind auch an jeweils gleichen Orten für die rechte und linke Seite deutlich von einander unterschieden. Ein lebender Organismus kann eigentlich sinnvoll nur als eine "Koppelung von komplexen und diffizilen Frequenzkompositionen begriffen werden, von denen die Einzelfrequenzen äußerst genau stabilisiert sind, die aber in ihrer Gesamtheit das Konzert der biologischen Regulation spielen" (Bischof).
Interindividuell sind diese Muster der Frequenzverteilung erstaunlich stabil verteilt. Lediglich die Amplitude (Stärke der Mikrovibration) unterscheidet sich von Person zu Person. "Schlaf, Narkose, Alkoholeinfluß, Medikamente, Emotionen, ja selbst Gedanken und Vorstellungen verändern auf charakteristische Weise immer nur die Amplitude, nie aber die Frequenz." (Bischof)
Ziel der Anafonesis-Übung ist es, die Ungleichgewichte der Amplituden und ihr inkohörentes Zusammenwirken wieder in das gegenüber den gegenwärtigen Anforderungen individuell angemessene harmonische Verhältnis zueinander zu bringen.
Metapher der Wirksamkeit schwacher Agenzien
Wie kann ein so schwaches Signal wir die zarten Töne von Anafonesis so tiefgreifende Wirkungen auslösen? Stellen wir uns einen Raum mit vielen Menschen vor. In diesem Raum herrsche eine gespannte und zugleich chaotische Unruhe. In irgendeiner Ecke des Raumes säße nun ein Mensch, der mit einer kleinen Trommel, nahezu unhörbar einen komplexen Rhythmus spielte. Immer wieder, in jedem Augenblick wach, würde er mit kleinen und kleinsten Variationen seines Spiels auf die für ihn wahrnehmbaren Veränderungen des komlexen 'Klanges' dieses 'Raumorganismus' antworten. Er müsste dabei an der Grenze seiner bewussten Erkenntnisfähigkeiten die Rhythmen, die zu gering repräsentiert wären stärken und jene dämpfen, die sich in den Vordergrund drängen. Würde er dies einzeln für die Vielzahl der Menschen bewusst (intensional) versuchen, müsste er scheitern. 'Antwortet' er jedoch mit seinem komplexen Klangmuster auf das Konzert des Raumklangs, dann bilden sich durch Resonanzwirkung die nötigen Verstärkungen und Abschwächungen 'von allein'.
Nicht anders wäre dies in einem Klima lähmender 'Unterspannung', wo in gleicher Weise ein grenzwahrnehmlicher Klang, der in Wechselwirkung (in einem wirklichen Dialog) mit dem Ganzen dieser Umgebung stünde, einen heilsamen Effekt entfaltete.
Anafonesis ist eine Übung des Inneren Dialogs
Voraussetzung jeden Dialogs im Sozialen ist ein gelingender Dialog des Menschen mit sich selbst. Im Sinne des gerade geschilderten stellt Anafonesis einen erprobten Weg zum Erlangen des Inneren Dialoges dar. Was in der Psychoanalyse als Verdrängung, in der Energetischen Medizin Blockaden und in anderen Anschauungsweisen äquivalent bezeichnet wird, könnte man im Zusammenhang eines Lebewesens als eines komplex schwingenden Organismus einen Mißklang nennen. Wir würden im Gegensatz zu den analytischen Methoden jedoch nicht primär nach dem Warum fragen, sondern vielmehr durch direktes Feedback den Mißklang in einen harmischen Zusammenklang überführen.
Dies ist für viele leichte (und funktionelle) Erkrankungssituationen sowie zur Gesunderhaltung (Prophylaxe) bereits ausreichend.
Bei chronischen Zuständen und ernsteren Erkrankungen ist es aber von großem Gewinn, wenn Anafonesis im Rahmen eines integrativen Konzeptes zur Anwendung kommt, bei dem auch tiefer liegende und nur analytisch zu erfassende Prägungsmuster erkannt und aufgehoben werden können. Aber selbst dafür ist ein geübter Innerer Dialog wiederum sehr förderlich.